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Make Schoggi Great Again – aber ohne Amerika


Es begann mit einem Tweet – wie so oft, wenn der US-Präsident Trump die Welt in Aufruhr versetzen will. Nur war es diesmal kein Handelsriese wie China oder Russland, der in den Bannstrahl seiner wirtschaftlichen Launen geriet – sondern wir. Die Schweiz. Neutral, freundlich, weltgewandt, schoggi-liebend. Und plötzlich mitten in einem Zolldrama mit 39% Aufschlag auf unsere süssesten Exportartikel. Höher als Serbien, höher als Nigeria, als Europa. Willkommen in der Kategorie „besonders verdächtig“. Der Grund? Eine Milchbüchleinrechnung aus dem Trump-Taschenrechner: Exportzahlen geteilt durch Bauchgefühl ergibt 61% angebliche Schweizer Zölle auf US-Waren. Die Realität? Null Prozent. Aber wenn’s mal zwitschert, wird’s halt ernst.

Während in Bern das diplomatische Sitzleder auf Anschlag beansprucht wurde – man analysierte, bedauerte, hoffte – passierte im Herzen von Luzern das, womit niemand gerechnet hatte: Eine Confiserie wurde zum Bollwerk nationaler Würde. Bachmann machte dicht. Punkt. Kein Export mehr in die USA. Kein Zucker mehr für Zölle. Statt stillem Protest oder PR-Geplänkel folgte ein glasklarer Entscheid: Unsere Schutzengeli fliegen nicht durch Mauern aus Zollpapieren. Eine kleine Firma mit grossem Rückgrat. Während unsere Regierung also mit 25-Minuten-Telefonaten und „Wir hoffen auf Einsicht“-Statements jonglierte, machte Bachmann den Mic Drop des Jahres.

 

Doch die eigentliche Pointe ist nicht Trumps Zollhammer oder Bachmanns mutige Antwort. Der wahre Moment liegt in der Chance, die sich nun auftut. Vielleicht – und das sagen wir in aller Ironie mit einem Augenzwinkern – war dieser Zoff genau das, was wir gebraucht haben. Eine Gelegenheit, uns daran zu erinnern, was wir selbst können. Was wir haben. Und was wir oft zugunsten von „global“, „praktisch“ und „überall erhältlich“ vergessen haben. Schon vor dem Schoggi-Streit war bei der SBB die Coca-Cola aus dem Speisewagen geflogen. Stattdessen? Vivi Kola. Schweizer Zucker mit Schweizer Stil. Und wer weiss – vielleicht folgen bald noch mehr Schutzengeli auf Regionalflüge statt auf Atlantikreise. Trump hat uns auf die schwarze Liste gesetzt. Gut so. Jetzt schreiben wir unsere eigene. Mit allem, was die Schweiz stark, mutig – und eben ein kleines bisschen trotzig macht. Und die Ironie? Der Amerikaner, die Wähler vom blonden Golfspieler sollen die plus 39% bezahlen. Plötzlich ist Schokolade für den Amerikaner in der Schweiz günstiger wie Marshmallow.



Ah, die Zahlen – trocken wie ein altes Biskuit, aber in diesem Fall süsser Zündstoff für einen echten Wirtschaftskrimi. Denn hinter Trumps Strafzöllen versteckt sich nicht etwa ein strategischer Schachzug gegen einen übermächtigen Schoggi-Giganten – sondern schlicht ein Milchbüchlein-Irrtum, wie ihn jeder Primarschüler nach zwei Pausenplatz-Würfeln durchschauen würde. 39% Zoll auf Schweizer Schokolade. Damit zahlt ein amerikanischer Importeur fast das Dreifache dessen, was er für Schoggi aus der EU löhnen müsste – dort sind’s nämlich „nur“ 15%. Belgien, Deutschland und Co. lachen sich ins Nougat. Und Trump? Der behauptet keck, die Schweiz verlange 61% Zölle auf US-Produkte – was nur dann stimmt, wenn man Exportüberschüsse durch die Exportzahlen teilt, einen Taschenrechner aus den 80ern benutzt und vorher eine Tüte Marshmallows gegessen hat.

Aber lassen wir den Rechentrick beiseite. Der bittere Ernst: Die Schweiz produziert jährlich rund 200’000 Tonnen Schokolade, davon gehen etwa 147’600 Tonnen in den Export, was 1,79 Milliarden Franken Umsatz generiert. Die USA machen davon rund 7–8% aus. Ein kleines Stück vom Kuchen, aber eben doch eins mit Biss. Mit 39% Zoll wird Schweizer Premium-Schoggi dort unverkäuflich – ausser man heisst Lindt oder Nestlé und produziert ohnehin schon „drüben“. Wer stattdessen in Lachen, Luzern oder Liestal rührt, rollt und verpackt, verliert Kundschaft und Marge. Und mit ihr auch ein Stück Identität.

 

Aber wechseln wir doch endlich mal die Perspektive. Anstatt nach Washington zu blicken in der Hoffnung, dass dort jemand unser Export-Gesuch aus dem Aktenstapel der nächsten bizarren Twitter-Kampagne zieht, könnten wir ja… einfach mal bei uns anfangen. Warum nicht den verdienten Franken im eigenen Land lassen? Warum nicht lokal kaufen, lokal unterstützen, lokal geniessen? Wer sagt denn, dass Weltklasse nur dann schmeckt, wenn sie auf dem Luftweg reinkommt? Vielleicht ist jetzt der Moment, uns aus dieser Schoko-Abhängigkeit zu lösen. Die Milch ist hier, der Zucker ist da, das Handwerk sowieso – und der Geschmack? Der war nie woanders.

Ein Bachmann, der sich weigert, für Exportmärkte zu buckeln. Eine SBB, die Coca-Cola rauswirft und Vivi Kola ins Glas stellt. Es sind kleine Zeichen – aber sie summieren sich zu einer Haltung: Wir können stolz auf das sein, was wir selber machen. Vielleicht muss es nicht immer ein Schutzengel sein, der uns führt. Vielleicht reicht auch einfach ein klarer Blick auf den Kassenzettel.



Einverstanden, wir sind klein. Geradezu niedlich auf der Weltkarte. Aber unterschätzen sollte man uns deshalb nicht. Die Schweiz zählt aktuell etwas über 9 Millionen Einwohner – das sind etwa 38-mal weniger als die USA, mit ihren über 347 Millionen. Rein von der Bevölkerungszahl her gesehen sind wir also ungefähr das Äquivalent zu einem etwas grösseren amerikanischen Vorort mit Bergen. Und trotzdem wollen – und können – wir mit den Grossen mithalten. Nicht nur auf den Skipisten, wo unsere Abfahrer amerikanische Superstars alt aussehen lassen. Auch nicht nur im Tennis, wo ein gewisser Roger Federer einmal eine ganze Sportart eleganter gemacht hat. Oder auf dem Wasser, wo Alinghi der Welt gezeigt hat, dass man auch vom Genfersee aus den America’s Cup gewinnen kann.

 

Nein, unser Wille, vorne mitzuspielen, hat Tradition. Und gleichzeitig einen Preis: Wir haben uns über Jahrzehnte der Globalisierung verschrieben, den Export zum Heiligen Gral gemacht – weil es funktionierte. Aber in Zeiten von Strafzöllen, wirtschaftlicher Erpressung und internationaler Willkür stellt sich eine Frage mit neuem Gewicht: Wie viel wollen wir dafür noch opfern?

 

Ein Land wie die Schweiz hat nicht nur Banken, Uhren, Schoggi und Käse – es hat Werte. Zusammenarbeit statt Ausbeutung. Präzision statt Protz. Qualität statt Quantität. Und genau diese Haltung dürfen wir jetzt nicht verlieren. Zusammenstehen, lokal denken, regional konsumieren – nicht als Rückzug ins Heimatliche, sondern als Fortschritt ins Nachhaltige. Wir können unsere Wirtschaft stärken, indem wir die kaufen, die bei uns produzieren. Die ehrlich, mit Hingabe, mit Verantwortung arbeiten. Ohne Subvention, aber mit Sinn.

 

Und wenn Donald in der Zwischenzeit seine Luftwaffen durch Papierflieger ersetzt, soll er. Wir brauchen keine amerikanischen Rüstungsgüter – wir brauchen Mut. Wir brauchen die Werte, auf denen Tell schon seine Armbrust gespannt hat. Und Unternehmen, die kollaborativ, mit Verstand und Herz Produkte schaffen, die nicht um die Welt fliegen müssen, um relevant zu sein. Vielleicht wirkt das altmodisch – ein Modell fürs Museum. Oder für die Vitrine in Ballenberg, zwischen Kuhschelle und Alphorn.

 

Aber vielleicht – und das ist das Schöne – kommen dann eines Tages die Amerikaner wieder zu uns. Nicht als Handelspartner mit Zöllen, sondern als Touristen mit grossen Augen. Und sehen plötzlich: Unsere Schoggi ist nicht nur besser. Sie ist auch viel günstiger – wenn man sie mit Respekt bezahlt. Ganz ohne Strafzoll, aber mit einem Lächeln.



Wir dürfen uns nicht ständig klein machen – und schon gar nicht kleinreden lassen. Stolz ist kein Privileg der Lauten, sondern das Rückgrat der Beständigen. Natürlich, wir leben in einer globalisierten Welt. Natürlich hängen Existenzen an internationalen Märkten. Und ja, es gibt Schweizer Unternehmen, die mit den USA Geschäfte machen müssen – und Jobs, die davon abhängen. Aber irgendwann ist Schluss mit der ewigen Selbstverleugnung. Denn wie Raphael Bachmann, Geschäftsführer der Luzerner Confiserie Bachmann, ganz trocken sagt: «Mal schauen, wer zuerst ein Schutzengeli braucht.»

 

Was klingt wie ein süsser Kalenderspruch, ist in Wahrheit eine kleine Praline mit grosser Symbolkraft: Das Schutzengeli ist ein edles Stück Schweizer Confiserie-Kunst – von Hand in Nüssen gerollt, mit zartschmelzender Pralinécrème, knusprigem Waffelkrokant, goldenen Flügeli und einer kleinen Botschaft. 10% des Gewinns gehen an Schulen in Afrika. Mehr als ein Mitbringsel – ein echtes Stück Schweizer Seele. Und genau dieses Produkt exportierte Bachmann bis vor Kurzem erfolgreich in die USA – bis dort ein 39%-Strafzoll eingeführt wurde, der Schweizer Schokolade praktisch unverkäuflich macht.

 

Wenn der Herr mit dem wettergegerbten Orange-Ton und dem Ego eines Mittelgebirges also künftig lieber seine Uhr bei Temu bestellt und ein Swiss Army Knife mit Plastikgriff dazunimmt – bitte sehr. Möge es klappern. Möge es rosten. Und möge es ihm einfallen, dass man Respekt nicht auf dem Golfplatz kauft.

 

Wir hingegen brauchen nicht mehr von Amerika – wir brauchen uns. Unsere Werte. Unsere Delikatessen. In Luzern formieren wir uns neu, vernetzen Events mit Gastronomie, Handel mit Haltung, Genossenschaft mit Genuss. Wir stehen zusammen. Wir denken kollaborativ, nicht kompetitiv. Und wir merken: Wenn wir unsere Kräfte bündeln, sind wir stärker, als wir uns selbst oft zutrauen.

 

Und ganz ehrlich? Wenn dann am Buffet etwas mehr Platz ist – umso besser. Mehr Platz für uns. Für echten reifen Alpkäse, für ein saftiges Stück vom Rätischen Grauvieh, bei dem man noch weiss, wie die Kuh hiess. Und wer lieber auf lokalen Genuss verzichten möchte und stattdessen ein mit Antibiotika aufgepumptes kalifornisches Rindsteak mit Chader Chees  auf dem Teller will – bitte sehr: Soll er's doch bei Chez Donald geniessen, mit Ketchup statt Jus, unter Neonlicht statt Kerzenschein. Bon appétit – oder wie man in Mar-a-Lago sagt: Well done, Baby. 


Und wer jetzt wirklich meint, ein Erdbeerjoghurt aus Arizona hätte denselben Charme wie ein frisches mit Herzblut hergestelltes Joghurt vom Wochenmarkt – dem ist vielleicht sowieso nicht mehr zu helfen.

Also: Vernetzt euch. Unterstützt unsere Unternehmen. Kauft mit Herz. Und entscheidet mit Verstand – nicht aus Macht, nicht aus Gier.



Es ist fast rührend, wie die KI mir beim Schreiben diesen Satz hinlegt: „Es begann mit einem Tweet – wie so oft, wenn der ehemalige US-Präsident Trump die Welt in Aufruhr versetzen will.“ Ehemalig. Die Maschine ist ihrer Zeit voraus. Während Bern noch hofft, analysiert und beteuert, weiss der Algorithmus längst, was Sache ist und die KI wird geopolitisch und setzt die Grenzen neu.

 

Und während die Schweiz sich von Schoggizöllen versüssen lässt, fliesst der Gewinn weiterhin brav in die USA – sei es als Lizenzgebühr, Währungsfluss oder flüssiger Zucker im PET-Fläschli. Aber hey: Hauptsache, wir haben amerikanische Jets für sechs Milliarden gekauft. Schliesslich will man für einen Exportkrieg gut gerüstet sein.

Doch vielleicht braucht’s gar keine Rüstung, sondern einfach Rückgrat. So wie bei Bachmann, der Trump kein Bitzeli mehr liefert – nicht mal mit Flügeli. Das Schutzengeli bleibt daheim, wo es hingehört: handgerollt, zart, lokal – und frei von diplomatischem Gequatsche.

 

Und wer wirklich lieber Chader Chees mag und mit Antibiotika vollgepumptes kalifornisches Rind, der soll das bitte in den USA chez Donald geniessen. Das meine ich wirklich ernst. Inklusive Nachspeise: künstlich aromatisiertes Schoggipulver mit patriotischer Flagge. Guten Appetit – oder wie man dort sagt: Freedom-Flavour!

Wir machen’s anders. Regional. Wertvoll. Mit echtem Handwerk und ehrlichem Genuss. Nicht als Trotzreaktion, sondern als Haltung. Und wenn Trump wieder mal tweetet, wir sollen uns gefälligst unterwerfen, dann antworten wir einfach mit einer Praline.

Eat Schutzengeli made Switzerland great again.

Dieser Blog entstand inspiriert durch den Zeitungsartikel über die Entscheidung der Confiserie Bachmann. Ein herzliches "Dankeschön" an Raphael – für seinen Mut, seine Haltung und die gedankliche Steilvorlage.

Was du hier liest, ist meine persönliche Meinung. Ironisch, zynisch – vielleicht. Aber frei formuliert in der noch demokratischen Schweiz. Andere Meinungen dürfen selbstverständlich Platz haben. Doch zu einem stehe ich kompromisslos: Wir müssen unser lokales Gewerbe schützen, beschützen und konsequent unterstützen. Unsere Löhne kommen aus Schweizer Kassen – und unser Stolz darf ruhig mitserviert werden.

Wir müssen uns nicht kleinmachen, nicht unterdrücken lassen und schon gar nicht einschüchtern von Menschen, deren politische Manöver mit dem Taschenrechner nicht mal einen Stundenlohn rechnen könnten. Wir dürfen – nein, wir sollen – Haltung zeigen. Und unsere Tafel? Die bleibt offen. Für jede Frau, jeden Mann. Zum Diskutieren, Geniessen, Streiten, Versöhnen – mit einem Glas Schweizer Wein. Und als Dessert? Ein Schutzengeli. Selbstverständlich hausgemacht.

Herzlich 

Stefan 

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Kommentare: 6
  • #1

    Paul Wiederkehr (Montag, 04 August 2025 09:11)

    Gratuliere, Stefan! Zynisch, treffend – und herrlich faktengetränkt. Und natürlich auch: Chapeau an die Bachmanns.

    Nicht einfach die Faust im Sack machen, sondern Haltung zeigen. Aufstehen. Reagieren. Die Schweiz braucht genau solche Macher – solche, die nicht nur regional denken, sondern auch mit Herz handeln.

    Stolz auf unser Land zu sein, ist kein Rückschritt, sondern eine Erinnerung daran, was wir hier haben.

    Danke für die Inspiration – ihr seid meine Tageshelden. Ganz offiziell.

  • #2

    Hans Peter (Montag, 04 August 2025 09:21)

    Genau richtig, wir haben Werte und keinen Joggel als Präsidenten.

  • #3

    Gabi (Montag, 04 August 2025 10:03)

    Genial! Gratulation an Confiserie Bachmann, es geht auch so!

  • #4

    Maya (Montag, 04 August 2025 18:35)

    Lieber Stefan

    Danke für die ironischen und zynischen Gedanken – ganz mein Humor.
    Ich habe eben ein paar Kommentare auf LinkedIn gelesen und dachte mir nur:
    Aha, wir sind also auf Blick-Niveau angekommen – wo man bekanntlich auch gerne kommentiert, ohne den Beitrag überhaupt gelesen zu haben.

    Ehrlich gesagt:
    Ein bisschen traurig macht mich das schon.
    A) weil man die Ironie offenbar mit der Lupe suchen müsste
    und
    B) weil sich gewisse Kommentatoren mit ihrem Beitrag fast schon stolz dazu bekennen, den Blog nicht gelesen zu haben.

    Aber gut – so ist die Welt.
    Würden die Puppen von Spitting Image heute noch spielen, man müsste ihnen täglich 28 Stunden Sendezeit geben.
    (Nur für den Fall, dass jetzt jemand gleich einen empörten Kommentar schreiben möchte: Das nennt man Ironie.)

    Herzlich aus Zürich
    Maya

  • #5

    Renato (Montag, 04 August 2025 19:55)

    Gut geschrieben. Nur etwas stimmt gar nicht: "ohne Subventionen". Zucker und Milch sind die am höchsten subventionierten Landwirtschaftsprodukte der Schweiz. Deshalb landen von den Milliarden Landwirtschaftssubventionen auch ein Teil in der Schokolade.

  • #6

    An (Dienstag, 05 August 2025 20:33)

    Herrlich! „Wenn der Herr mit dem wettergegerbten Orange-Ton und dem Ego eines Mittelgebirges also künftig lieber seine Uhr bei Temu bestellt und ein Swiss Army Knife mit Plastikgriff dazunimmt – bitte sehr. Möge es klappern. Möge es rosten. Und möge es ihm einfallen, dass man Respekt nicht auf dem Golfplatz kauft.“ war mein Favorit, aber der Text ist gänzlich genüsslich zu lesen!